Geistlicher Impuls zum Kirchweihfest in Hattersheim
Tagesgebet
Erhabener Gott,
du erbaust dir aus lebendigen und erlesenen Steinen ein ewiges Haus.
Mache die Kirche reich an Früchten des Geistes, den du ihr geschenkt hast,
und lass alle Gläubigen in der Gnade wachsen, bis das Volk, das dir gehört,
im himmlischen Jerusalem vollendet wird.
Darum bitten wir durch Jesus Christus deinen Sohn, der mit dir und dem Heiligen Geist
lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen
Lesung Ez 43,1-2.4-7a
Dann führte er mich zu einem der Tore, dem Tor, das im Osten lag. Und siehe, die Herrlichkeit des Gottes Israels kam aus dem Osten heran. Ihr Rauschen war wie das Rauschen gewaltiger Wassermassen und die Erde leuchtete auf von seiner Herrlichkeit. Und die Herrlichkeit des Herrn zog in den Tempel ein durch das Tor, das im Osten lag.
Und der Geist hob mich empor und brachte mich in den inneren Vorhof. Und siehe, die Herrlichkeit des Herrn erfüllte den Tempel. Dann hörte ich einen, der vom Tempel her zu mir redete. Der Mann aber stand neben mir.
Er sagte zu mir: Menschensohn, das ist der Ort, wo mein Thron steht, und der Ort, wo meine Füße ruhen; hier will ich für immer mitten unter den Israeliten wohnen.
Evangelium Joh 2,13-21
Das Paschafest der Juden war nahe und Jesus zog nach Jerusalem hinauf.
Im Tempel fand er die Verkäufer von Rindern, Schafen und Tauben und die Geldwechsler, die dort saßen. Er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle aus dem Tempel hinaus samt den Schafen und Rindern; das Geld der Wechsler schüttete er aus, ihre Tische stieß er um und zu den Taubenhändlern sagte er: Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!
Seine Jünger erinnerten sich, dass geschrieben steht: Der Eifer für dein Haus wird mich verzehren.
Da ergriffen die Juden das Wort und sagten zu ihm: Welches Zeichen lässt du uns sehen, dass du dies tun darfst?
Jesus antwortete ihnen: Reißt diesen Tempel nieder und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten.
Da sagten die Juden: Sechsundvierzig Jahre wurde an diesem Tempel gebaut und du willst ihn in drei Tagen wieder aufrichten? Er aber meinte den Tempel seines Leibes. Als er von den Toten auferweckt war, erinnerten sich seine Jünger, dass er dies gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte.
Geistlicher Impuls unseres Gemeindereferenten Joachim Kahle
Liebe Pfarrgemeinde von St. Martinus,
wir feiern heute unsere Kirchweih. Trotz Corona. Auch heute gilt: Gott wohnt bei uns. Er will mitten unter uns sein. Daran erinnert uns Kirchweih. Wir hätten gern einen Ort, an dem wir darauf hoffen, darauf zählen dürfen, dass Gott uns in besonderer Weise begegnet. Es ist für mich eine Vergewisserung: Auch in meiner Nähe, auch in meiner Stadt oder meinem Dorf gibt es einen Ort, der in besonderer Weise dazu bestimmt ist, Begegnung mit Gott zu erfahren.
Während meines Studiums in Mainz an der Katholischen Hochschule sagte einer meiner Professoren: „Die Kirche ist eine Haltestelle des Heiligen Geistes.“ Also das heißt: Normaler Weise, wenn alles nach Fahrplan verläuft, kann ich damit rechnen, dass diese Haltestelle berücksichtigt wird.
Kirche ist eine Haltestelle des Heiligen Geistes.
Natürlich ist das Handeln Gottes nicht an einen Ort, nicht an Steine gebunden. An jedem Ort kann uns Gott begegnen. Aber es tut uns Menschen einfach gut, dass wir so eine Vergewisserung haben. Jesus spricht in seiner Verkündigung nicht von der Kirche, sondern vom Reich Gottes. Wenn das Reich Gottes da ist, ist dann die Kirche überflüssig, auch die Martinuskirche in Hattersheim?
Jesus spricht vom Reich Gottes. Das Reich Gottes ist der Dreh-und Angelpunkt seiner Verkündigung gewesen. Und Jesus sprach: Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es den Menschen verständlich machen?
Es ist wie ein Senfkorn (Mk 4,26-29): es ist zwar das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden; doch wenn es gesät ist, geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, so dass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können.
Jesus spricht hier vom Reich Gottes. Die Menschen zu seiner Zeit haben ihn so verstanden, dass das Reich Gottes zeitlich unmittelbar bevorsteht, die ungebrochene Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch. Erst mit der Zeit haben die Menschen begriffen: Reich Gottes, das ist etwas, was schon angebrochen ist und zugleich noch bevorsteht. Schon angebrochen ist das Reich Gottes in der Person von Jesus. So wie er gelebt hat, wie er mit den Menschen gelebt hat, so soll es im Reich Gottes sein. Aber das Reich Gottes ist auch zukünftig. Diese Welt mit allen Ihren Problemen wartet darauf, dass sie vom Reich Gottes abgelöst wird.
Was haben die beiden miteinander zu tun: Reich Gottes und Kirche.
Kirche kommt vom Reich Gottes her. Und an ihm muss sie sich neu orientieren: so wie es Papst Franziskus uns immer und immer wieder sagt: Die Kirche muss eine Kirche für die Armen werden.
Kirche kommt vom Reich Gottes her, das so wie das Senfkorn unscheinbar beginnt. Deshalb ist die Kirche immer unterwegs hin zum Reich Gottes. Und dafür gibt es ganz deutliche Zeichen, die uns darauf hinweisen. Ein Vorzeichen, ein Vorgeschmack auf Gottes Reich ist die Eucharistie, in der Jesus sich uns schenkt und unsere Gemeinschaft untereinander sucht und erneuert.
Und was heißt das für uns heute am Tag von Kirchweih hier in St. Martinus Hattersheim? Zum einen: Das Reich Gottes beginnt klein und bescheiden. Das ist hier in Hattersheim nicht anders gewesen als an anderen Orten. Dabei sollen wir uns jetzt aber nicht entmutigen lassen, wenn es klein, bescheiden und auch mit Misserfolgen losgeht. Das Reich Gottes kommt nicht gewaltig und mit Macht daher, sondern mit kleinen, bescheidenen Anfängen. Wir müssen als Kirche nicht nach dem Großen, Strahlenden, Mächtigen schielen. Dort war auch Jesus nie zu finden. Im Samenkorn ist es angelegt, dass es wächst. Das Samenkorn hat alles mitbekommen, was es dazu braucht. Gott hat das Entscheidende mitgegeben. Wir dürfen uns nicht entmutigen lassen, wenn nicht alle Dinge, die wir versuchen, Früchte tragen. Gott hat uns das Entscheidende mitgegeben. Das heißt nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen sollen. Das nicht. Aber wir können darauf vertrauen, dass er uns das Entscheidende mitgegeben hat.
Die christliche Gemeinde hat eine Geschichte von 2000 Jahren. Die verschiedenen Spielarten, Farben, Varianten, wie Christen ihren Glauben gelebt haben, sind so breit wie eine Autobahn. Es gibt in dieser Tradition die verschiedensten Versuche, den Glauben mit dem Leben in Verbindung zu bringen. Aus dieser breiten Überlieferung dürfen wir schöpfen.
Kehren wir zurück zu unserem Sämann, der den Samen zum Reich Gottes in der Hand hält. „Was auch immer ich tue –das Reich Gottes werde ich nie ganz haben“, denkt er vielleicht und betrachtet das winzige Körnchen in seiner Hand. Vielleicht denkt er auch darüber nach, warum ausgerechnet aus diesem lächerlichen Senfsamen das Reich Gottes werden soll. Vielleicht spürt er auch eine riesige Verantwortung: Ausgerechnet er! Und gleich das Reich Gottes! Aus welchen Gründen auch immer: Er sät.
Aber in diesem Gleichnis geht es aber nicht um den Sämann. Es geht in dem Gleichnis nur um das Ergebnis –um den üppigen Baum. Das ist das Ziel. Dort geht es hin. Dass wir hier in Hattersheim dort noch nicht sind, zeigt uns jeder Blick in die Zeitung und mancher Blick in unser eigenes Leben. Es gibt nun zwei Möglichkeiten: den Kopf in den Sand zu stecken oder den Samen, das Reich Gottes, auszusäen.
Das Wort Gottes aussäen: Dieses Wort lesen, hören, singen. Dieses Wort in das eigene Leben mit hineinnehmen. Darum geht es. Wir säen heute immer noch. Was aus dieser Saat einmal wird, haben wir meist nicht in der Hand. Die Kinder und Jugendlichen, die heute in unserer Gemeinde Berührung mit dem Wort Gottes haben, in der Kommunion und der Firmung, die werden nicht alle hier bleiben und hier leben. Die Saat wird an anderer Stelle aufgehen. Das Bild vom Reich Gottes ist auch immer Aufgabe, Ansporn für uns als Gemeinde von St. Martinus in Hattersheim.
Kirche heißt: Kirche für andere sein. Auch in der Seelsorge. Seelsorge ist nicht an einen kirchlichen Beruf oder ein Amt gebunden. Seelsorge geschieht überall da, wo ein Mensch vor dem anderen seine Not ausbreitet, Zuspruch erfährt und Hilfe zu neuer Gemeinschaft. Dazu muss uns als Christen, als hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, als Pfarrer Freiraum -vor allem auch innerer Freiraum bleiben.
Wir alle gemeinsam haben den Auftrag am Reich Gottes mit zu arbeiten und sichtbar zu machen.
Wir feiern heute unsere Kirchweih – trotz Corona: Gott erhält einen Ort bei uns, damit von seinem Reich hier bei uns in Hattersheim etwas spürbar wird.
Das Glockengeläut unserer Pfarrkirche St. Martinus
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