Gedanken im November
Tod und Trauer
Abschied und Tränen
Allerheiligen Allerseelen
Totensonntag und Buß- und Bettag
Ach, und Krieg
Evangelium (Lk 20,27.34-38)
Von den Sadduzäern, die bestreiten, dass es eine Auferstehung gibt, kamen einige zu Jesus und fragten ihn: Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn ein Mann, der einen Bruder hat, stirbt und eine Frau hinterlässt, ohne Kinder zu haben, dann soll sein Bruder die Frau nehmen und seinem Bruder Nachkommen verschaffen.
Wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein?
Da sagte Jesus zu ihnen: Die Kinder dieser Welt heiraten und lassen sich heiraten.
Die aber, die gewürdigt werden, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, heiraten nicht, noch lassen sie sich heiraten.
Denn sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und als Kinder der Auferstehung zu Kindern Gottes geworden sind.
Dass aber die Toten auferstehen, hat schon Mose in der Geschichte vom Dornbusch angedeutet, in der er den Herrn den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt.
Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn leben sie alle.

Glaubensimpuls
Ich gehe schon immer gern auf Friedhöfe.
So unterschiedlich sind die Abschiedsgedanken und Abschiedszeichen, die man auf den Gräbern findet, schon in deutschen Nachbarregionen und in angrenzenden europäischen Ländern. Weltweit noch vielmehr. Das berührt mich, lässt mich lächeln, kurz: alle Reaktionen sind möglich.
Aber eigentlich bin ich da eher um nachzusinnen, dem Leben nachzusinnen …
Vézelay (Burgund) im Spätherbst 2009
Ich finde den Friedhof.
Von oben wirkt er französisch - steinern.
Dann das Staunen: Aufgeräumt ist er wirklich. Offensichtlich wird er von Rentnern gepflegt.
Nichts jedoch wird weggeworfen. Alle zerbrochenen Teile werden wieder auf die entsprechenden Gräber zurückgelegt - oder sie bleiben dort liegen, wie sie fallen oder verwittern.
An der alten Mauer hängen noch die Seelen der ehemaligen Kränze,
Seele des einstigen Kreuzgestecks und ein völlig nach unten gerutschtes Kruzifix
gemahnen noch immer an Docteur Francois, 59 Jahre tot.
Und doch wirkt der Friedhof gar nicht ungepflegt, sondern liebevoll aufgeräumt. Alles steht still und zeigt Erinnern.
Respekt gilt jedem gefallenen Steinbrocken, zersplitterten Glas, jeder verbogenen Umzäunung.
Die Kreuze der Armengräber werden auf den Grabboden gelegt, wenn ihr Fuß dann verrottet ist. Dort verfallen sie still. Aber der Grabboden ist sauber zurechtgeharkt, fast wie in japanischen Gärten.
Und es gibt überall Besuchsbekundungen in Keramik, Glas und Stein.
Niemand ist vergessen.
Dann der Grabstein:
FAMILLE CARRE
EN SOUVENIER DE LEURS
ENFANTS CHERIS
GASTON CARRE FUSILLE
PAR LES NAZIS
YVONNE SON EPOUSE MORTE
EN DEPORTATION
DA LA PART DE LEURS PARENTS
Das berührt einen als Deutschen.
Langsamer, würdevoller Verfall. Ein Friedhof, der keine Eile kennt.
Traumhaft duftet am sonst steinernen Grab die letzte Blüte eines alten Rosenstocks, ja, duftet traumhaft
Verfallskunst, hier in den Tod übersetzt.
Im Übergang vom Friedhof zum noch älteren Teil des Friedhofs blicke ich von der kleinen Mauerbrüstung auf den förmlich verrutschenden alten Teil und hinüber auf das Dorf Asquins.
Herbst. Luft. Licht.
Dort, auf dem ältesten Friedhofsteil:
Gräber, die verwitternd sich zurückverwandeln in die alte Felsstruktur. Auch eine Form der neuen Auferstehung.
In der Mitte alte, verfallene Grabfelder, mehr mittlerweile einer Wiese ähnelnd.
... und dann noch das Labyrinth auf einem Grabstein.
Was würden die Verstorbenen von uns erwarten?
Meine Frau sagte mir: Ich wünsch´ dir ein Leben in Fülle.
Und man gedenkt der einmaligen Größe des Menschen, der einen begleitet hat - und wie doch außergewöhnlich das ist.
Je mehr Menschen ich auf den Friedhöfen begegne oder sonstwie mit ihnen im Gespräch auf den Tod komme, desto mehr merke ich. Das ist gar nicht so außergewöhnlich, das ist die Erfahrung wirklich fast aller - und das führt die Menschen, neben allem Schmerz, zu großer Dankbarkeit.
Ja die Begegnung miteinander, mit diesem einen Menschen, ist groß. Aber letztlich sind sie alle groß, diese Begegnungen. Das ist das großartige Geschenk dieser Beziehungsfähigkeit und Liebe, die Gott uns schenkt, der uns trägt und hält und schuf und der das so will. Er führt uns zur Fülle, zur Erfüllung - und macht uns heil.
Und manchmal haben wir das sicher auch im jetzigen Leben schon gespürt.
Weite den Blick
aus der kleinen, engen, persönlichen
Welt,
Herr,
hinaus in deine Schöpfung.
Belichte neu, tiefer, stiller
und einprägsamer mein Denken,
Er-Leben, Entscheiden und Handeln.
Mach mich demütig angesichts
deiner herrlichen Schöpfung.
Ich bin Teil von ihr,
gewinne Sein
und vergehe.
Du hältst mich in deiner Hand,
lässt nichts von mir
verloren sein.
Schaffe in mir Raum
überflüssigen Ballast auszukehren,
damit Sichtweisen klarer,
Betrachtungsweisen liebevoller
und Lebensweisen leuchtender werden;
lass dein Licht aus mir leuchten.
