Tagesgebet:
Gott, unser Vater, steh deinen Dienern bei und erweise allen, die zu dir rufen, Tag für Tag deine Liebe. Du bist unser Schöpfer und der Lenker unseres Lebens. Erneuere deine Gnade in uns, damit wir dir gefallen, und erhalte, was du erneuert hast. Darum bitten wir durch Jesus Christus.
Evangelium (Matthäus 14, 13-21):
In jener Zeit, als Jesus hörte, dass Johannes enthauptet worden war, zog er sich allein von dort mit dem Boot in eine einsame Gegend zurück. Aber die Volksscharen hörten davon und folgten ihm zu Fuß aus den Städten nach. Als er ausstieg, sah er die vielen Menschen und hatte Mitleid mit ihnen und heilte ihre Kranken. Als es Abend wurde, kamen die Jünger zu ihm und sagten: Der Ort ist abgelegen und es ist schon spät geworden. Schick die Leute weg, damit sie in die Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen! Jesus aber antwortete: Sie brauchen nicht wegzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen! Sie sagten zu ihm: Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische hier. Er antwortete: Bringt sie mir her! Dann ordnete er an, die Leute sollten sich ins Gras setzen. Und er nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern; die Jünger aber gaben sie den Leuten und alle aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrig gebliebenen Brotstücke ein, zwölf Körbe voll. Es waren etwa fünftausend Männer, die gegessen hatten, dazu noch Frauen und Kinder.

Geistlicher Impuls unserers PGR-Vorsitzenden Dr. Ulrich Göbel:
Liebe Schwestern und Brüder, die Erzählung des heutigen Evangeliums ist uns allen wohl vertraut. Das Ereignis der Brotvermehrung war den frühen Christen so wichtig, dass es von allen vier Evangelien gleichermaßen berichtet wird. Und doch sind mir gerade bei der intensiven Beschäftigung mit diesem Text während der Vorbereitung für diesen Impuls wieder völlig neue Aspekte deutlich und wichtig geworden. Jesus möchte alleine sein, er trauert. Sein Verwandter und Freund, der Täufer Johannes, ist enthauptet worden. Aber als Jesus mit seinem Boot in die Einsamkeit fährt und an Land stößt, warten schon die Menschen auf ihn. Anstatt zu erschrecken, umzudrehen und dort hinzufahren, wo tatsächlich Ruhe herrscht, sieht Jesus die Menge an und er hat Mitleid mit den Menschen. Er geht auf ihre Bedürfnisse ein und stellt die eigenen zurück. Er wendet sich ihnen zu und heilt ihre Kranken. In Jesus erleben diese Menschen Gottes Mitgefühl mit ihrer Situation. Er sieht diese Menschen an und es ist ihm nicht gleichgültig, was er sieht. Er will das, was in ihrem Leben krank ist oder zerstört wurde, wieder heil, wieder ganz machen.
Dann wird es Abend. Die Jünger machen Jesus den Vorschlag, er solle sich doch von den Leuten verabschieden, und sie in die umliegenden Dörfer schicken. Dort sollen sie sich gefälligst selbst etwas zu essen besorgen. Aber Jesus bleibt seiner Haltung treu. Er schickt diese Leute nicht weg, überlässt sie nicht ihrem Schicksal in dieser abgelegenen Gegend. Vielmehr fordert er die Jünger heraus, ja er fordert geradezu Unmögliches von ihnen: „Gebt ihr ihnen zu essen“. Ich kann mir deren Reaktion lebhaft vorstellen: Wie soll das bitte gehen? Das ist doch vollkommen illusorisch! So jedenfalls nicht: fünf Brote, zwei Fische, das ist alles, was die Jünger auftreiben können. Und ein Wunder erwarten sie nicht.
Ich schaue uns selbst an, in Kirche und Pfarrgemeinde: Sind uns die Jünger mit ihrer Haltung nicht sehr vertraut? Geht es uns nicht oft ähnlich? Wir alle sehen die Menschen um uns herum und ihre Bedürfnisse, wenigstens bemühen wir uns darum. Wir alles sehen aber auch den zunehmenden Mangel in unseren Gemeinden: immer weniger Priester, immer weniger Eucharistiefeiern und immer weniger Menschen die sich engagieren. Und jetzt auch noch Corona! Und wir sind oft hilflos, weil wir sehen, dass wir hier mit unserer Kraft nur schwer eine Veränderung bewirken können. Wer ehrenamtlich engagiert ist weiß, was ich meine: „Was denn noch alles?!“, so stöhnen wir oft. Aber das heutige Evangelium zeigt mir gerade in der aktuellen Situation auch: Wir müssen hinschauen, worauf es wirklich ankommt! Wir dürfen nicht immer nur auf uns und unsere eigene Leistungsfähigkeit schauen. Wir müssen uns vielmehr eingestehen, dass wir vieles aus uns selbst heraus nicht können. Wir dürfen deshalb aber nicht behaupten, dass es überhaupt nicht möglich ist. Ich denke, dass Jesus mit der Brotvermehrung seinen Jüngern und uns hier etwas vor Augen führen möchte: Gott schenkt nicht nur Heilung, er sorgt sich auch darüber hinaus um uns. Gerade dann, wenn wir in unvorbereitete Situationen kommen, gerade dann, wenn wir mit der eigenen Kraft und unserem Latein sprichwörtlich am Ende sind, gerade dann, wenn unser eigenes Unvermögen uns zur Aufgabe zwingen will, dann will Jesus zeigen, dass Gott noch lange nicht am Ende ist. Diese Botschaft ist für mich zutiefst tröstlich und befreiend: Ich darf mir eingestehen, dass ich in vielen Situationen überfordert bin und viele Probleme nicht aus eigener Kraft lösen kann. Niemand kann das. Niemand kann die Welt aus eigener Kraft retten, aber das brauchen wir auch nicht. Denn glücklicherweise kommt es nicht darauf an, was wir haben oder können. Es gibt den, der die Welt bereits gerettet hat: Jesus Christus, der von sich sagt: „Ich bin das Brot des Lebens“ (Joh 6,48).
Deshalb brauche ich auch angesichts der Situation, in die uns Gott gestellt hat, nicht den Mut verlieren. Im Bewusstsein des gerade gehörten kann ich mich vielmehr auch weiterhin frohen Herzens einsetzen und das tun, was im Rahmen meiner Möglichkeiten liegt. Ich brauche mich nicht zu grämen, dass es immer zu wenig sein wird, denn ich darf darauf vertrauen, dass Gott die Bruchstücke, die ich ihm anbieten kann, gemeinsam mit anderen zur Fülle der Vollendung führen wird.
„Gott, komm mir zu Hilfe; Herr, eile, mir zu helfen.
(Ps 70 (69), 2.6)
Meine Hilfe und mein Retter bist du, Herr, säume nicht.“