5. Sonntag der Osterzeit
Tagesgebet
Gott, unser Vater,du hast uns durch deinen Sohn erlöst
und als deine geliebten Kinder angenommen.
Sieh voll Güte auf alle, die an Christus glauben,
und schenke ihnen die wahre Freiheit
und das ewige Erbe.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
Amen.
Erste Lesung (Apg 6, 1–7)
In diesen Tagen, als die Zahl der Jünger zunahm, begehrten die Hellenísten gegen die Hebräer auf, weil ihre Witwen bei der täglichen Versorgung übersehen wurden. Da riefen die Zwölf die ganze Schar der Jünger zusammen und erklärten:
Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und uns dem Dienst an den Tischen widmen. Brüder, wählt aus eurer Mitte sieben Männer von gutem Ruf und voll Geist und Weisheit; ihnen werden wir diese Aufgabe übertragen. Wir aber wollen beim Gebet und beim Dienst am Wort bleiben.
Der Vorschlag fand den Beifall der ganzen Gemeinde und sie wählten Stéphanus, einen Mann, erfüllt vom Glauben und vom Heiligen Geist, ferner Philíppus und Próchorus, Nikánor und Timon, Parménas
und Nikolaus, einen Proselýten aus Antióchia.
Sie ließen sie vor die Apostel hintreten und diese legten ihnen unter Gebet die Hände auf. Und das Wort Gottes breitete sich aus und die Zahl der Jünger in Jerusalem wurde immer größer; auch eine große Anzahl von den Priestern
nahm gehorsam den Glauben an.
Evangelium (Joh 14, 1–12)
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr.
Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir dann den Weg kennen?
Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Schon jetzt kennt ihr ihn und habt ihn gesehen.
Philíppus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns.
Jesus sagte zu ihm: Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philíppus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater? Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch sage, habe ich nicht aus mir selbst. Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke. Glaubt mir doch, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist; wenn nicht, dann glaubt aufgrund eben dieser Werke!
Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen und er wird noch größere als diese vollbringen, denn ich gehe zum Vater.
Geistlicher Impuls von Gemeindereferent Joachim Kahle
„Euer Herz sei ohne Angst!“ Diese Aufforderung aus dem heutigen Evangelium trifft mitten ins Herz. Denn wir erleben doch alle unsere Zeit als eine Zeit voller berechtigter Ängste. Viele machen sich Sorgen, wie es wohl weitergehen wird. Werden wirksame Medikamente und Impfungen gefunden um dem Corona-Virus den Stachel zu nehmen? Gelingt es, die Alten und jene, die durch Vorerkrankungen besonders gefährdet sind, auf Dauer zu schützen? Wird sich die Wirtschaft erholen vom „Runterfahren“ während der Corona-Krise? Kommt eine zweite Welle von Infektionen? Und wie schaut es überhaupt sonst noch aus, mit Klimawandel und Artensterben, mit den Flüchtlingsströmen und der Bedrohung durch Terror?
„Euer Herz sei ohne Angst.“ Leicht gesagt! Diese Aufforderung scheint aus besseren Zeiten zu sein, als alles noch beherrschbar und kontrollierbar erschien. Wir schaffen das, mit der Flüchtlingskrise. Wir werden schon eine Antwort finden auf die Erderwärmung, durch die technische Entwicklung. Wir kommen durch die Krise, denn wir haben den Sozialstaat und ein tolles Gesundheitssystem, und darüber hinaus sind wir hoch versichert…
Aber nein, es waren keine besseren Zeiten, als Johannes diese Aufforderung Jesu in sein Evangelium schrieb. Damals, einige Jahrzehnte nach dem Tod Jesu, waren die Christen eine kleine Minderheit. Es war eine Zeit voller Spannungen mit den jüdischen Gemeinden und eine Zeit der beginnenden Anfeindung und Verfolgung durch die Machthaber im Römischen Reich. Diesen bedrängten und bedrohten Christen gilt der Zuspruch: „Euer Herz sei ohne Angst!“ Und er gilt allen, die seither an den Auferstandenen glauben. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Zuspruch die Gläubigen im Lauf der Geschichte immer wieder mitten ins Herz getroffen hat. In Zeiten der Völkerwanderung, als die ganze bekannte Ordnung durcheinanderkam. In Zeiten der Pest, die in manchen Ländern Europas ein Drittel der Bevölkerung hinweggerafft hat. In Zeiten der Weltkriege, als viele Millionen von Menschen umkamen, und wo danach alles darnieder lag.
Aber warum soll unser Herz ohne Angst sein? Jesus bringt es so auf den Punkt: „Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen. Ich gehe hin, euch einen Platz zu bereiten.“ Will er damit sagen, wir sollen das Leiden in der Welt nicht so wichtig nehmen und einfach geduldig ertragen, weil das Eigentliche und wirklich Wichtige erst nach dem irdischen Leben kommt, im Himmel? Nein. Jesus ist keiner, der aufs Jenseits vertröstet, davon bin ich überzeugt. Sein ganzes Leben lang hat er sich eingesetzt, damit Menschen hier in dieser Welt schon aufleben konnten, dass sie geheilt wurden von ihren Krankheiten, dass sie loskamen aus der Verstrickung in Schuld und Unrecht, dass sie in Frieden und Gerechtigkeit zusammenleben konnten. Der Weg zu den Wohnungen im „Haus des Vaters“ ist Jesus selbst. Wie er sollen wir leben und uns einsetzen für das Leben. Seine „Werke“ sollen wir vollbringen, und noch größere.
Schauen wir noch auf die heutige Lesung aus der Apostelgeschichte. Denn sie zeigt uns, dass das gar nicht so einfach ist. Im zweiten Kapitel hieß es noch von den ersten Christen: „Sie hatten alles gemeinsam. (…) Sie teilten jedem zu, was er nötig hatte. Keiner litt Not…“ (Apg 2,44-45) Und jetzt, ein paar Kapitel weiter, kommt es zum Streit, weil die Witwen der Hellenisten bei der täglichen Versorgung übersehen werden. Wir kennen diese Haltung allzu gut: Wir müssen auf unsere eigenen Leute schauen. Die Ausländer bekommen nichts! Aber genau diese Haltung ist zutiefst unchristlich. Sie widerspricht dem Geist und dem Weg Jesu. Er ging an keiner Not vorüber. Wo Menschen erfahren, dass sie nicht übersehen werden und dass ihre Not wahrgenommen wird, schwindet die Angst. Da ist es gut zu wohnen. Da gibt es Hoffnung und Zuversicht.
Die ersten Christen waren kreativ. Sie haben ein neues Dienstamt geschaffen, die Diakone, die sich ganz der Versorgung der Ärmsten und Vergessenen widmeten. Im Vertrauen auf den Auferstanden haben sie angepackt. Seine Werke haben sie getan. Die Not der Menschen war der Impuls dazu, Neues zu wagen.
Genau das steht auch heute an: die Nöte der Menschen wahrzunehmen und kreativ Antworten zu finden gegen die Angst, und für eine gute Zukunft.
Singt dem Herrn ein neues Lied,
Ps 98 (97), 1–2
denn er hat wunderbare Taten vollbracht
und sein gerechtes Wirken enthüllt vor den Augen der Völker.
Halleluja.