Evangelium 3. Fastensonntag (Lk 13,6-9)
Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine. Da sagte er zu seinem Winzer: Siehe, jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen? Der Winzer erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen.
Vielleicht trägt er in Zukunft Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen!
An den Früchten erkennt man den guten Baum.
Wie wird ein Baum ein guter Baum? Da haben wir Anregungen gelesen.
Wie wird einer ein guter Mensch, der richtig und gut handelt?
Unzählig die Erzählungen, wo Menschen in ausweglosen Situationen durch andere Menschen Rettung erfahren, dies dabei oft durch Menschen, die gar nicht in irgendeiner Weise zu ihrer Gruppe gehören, eher fremd sind, gar im „anderen Lager“ stehen.
Der Asylbewerber, der sich mit seinem Auto dem deutschen Attentäter in Mannheim in den Weg stellt. Die Nonne, die Kopf und Kragen und Gerichtsverfahren riskiert um einen Menschen im Kirchenasyl zu decken. Russische Menschen die den abgestürzten Kampfflieger Beuys still gesundpflegen. Deutsche aller Denkrichtungen, von Christen bis zu Kommunisten, die jüdische Menschen versteckt haben; so konnte Hans Rosenthal mitten in Berlin überleben.
Es sind Menschen, die Mitgefühl haben. Sie fühlen und sehen, dass es da jemandem schlecht geht. Und dann erkennen sie im anderen ihr Ebenbild und handeln einfach, manchmal gefährlich am Rande des in der Gesellschaft Erlaubten - oder auch Gesetze überschreitend.
So einer, der im Widerstand gegen den Verbrecher Hitler stand, war der junge Pfarrer Dietrich Bonhoeffer.
Wir finden diese Menschen aber überall. Und sie sind oft auch unbequem, weil wir ganz im Innersten merken, wir selbst trauen uns nicht, hätten uns nicht getraut.
Und diese Erkenntnis kann meiner Erfahrung nach heilsam sein.
Es ist ein winziger Augenblick, in dem oft so eine Entscheidung getroffen wird, jemandem rettend die Hand zu reichen, Hilfe zu geben, zu widerstehen.
Und gut ist dann jeder, der sich um Menschen sorgt. Das ist, was zählt.
Wer Gutes tut, einfach, weil er Mensch ist, deshalb menschlich handelt; Hautfarbe, Sprache, Religion, Herkunft, politische Einstellung sind da nicht ausschlaggebend. Mag sein, dass Christen häufiger dabei sind, sicher bin ich mir da nicht.
Dieses Gutsein ist nicht von oben einforderbar, da stecken zu viele Ängste und auch Überlegungen drin. Es ist die grundsätzliche Haltung, im Anderen den Mitmenschen (als Christ letztlich Christus) zu erkennen. Daraus folgen dann Nächstenliebe, Mitleid, Verantwortungsbewusstsein, schließlich Zivilcourage.
Eine Beobachtung, die Bonhoeffer im Gefängnis an sich selber machte, war, dass er auf andere seltsam selbstbewusst und stark wirkte:
Du kennst mich
Wer bin ich? Sie sagen mir oft,
ich träte aus meiner Zelle
gelassen und heiter und fest
wie in Gutsherr aus seinem Schloss.
Wer bin ich? Sie sagen mir oft,
ich spräche mit meinen Bewachern
frei und freundlich und klar,
als hätte ich zu gebieten
Wer bin ich? Sie sagen mir auch,
ich trage die Tage des Unglücks
gleichmütig, lächelnd und stolz,
wie einer, der Siegen gewohnt ist.
Wer ich auch bin, du kennst mich, dein bin ich, o Gott.
Dietrich Bonhoeffer
Bei einem, wie Bonhoeffer, da bekommt man das Bild vom Baum, der reife Frucht trägt.
